Kommentar zur Entwicklung der Kapitalmärkte im 1. Halbjahr 2020
Aktienmärkte Internationale
Das erste Halbjahr 2020 ist vorüber und verging an den Kapital-märkten wie im Flug (für viele auch wie im Fluch). Der Beginn war positiv. Dann kam mit dem Frühjahr die Corona-Pandemie und trieb fast alle Marktpreise auf eine wilde Talfahrt. Ende März, nach einem Rückgang von rund 30% in vielen weltweiten Aktienindices, vollzog sich dann eine komplette Kehrtwende.
Die schaffte es, fast die gesamten Kursrückgänge aus dem Frühjahr wieder aufzuholen (die US-Technologie-Börse Nasdaq stellte sogar, neue Rekorde auf). Die Gründe für diese (wahnsinnige) Rally liegen in den gigantischen Hilfspakten, die weltweit von den Notenbanken und der Politik geschnürt worden sind. Die eingesetzten Summen bzw. die Höhe der Konjunkturprogramme übersteigen jegliche bis dato vorhandene Vorstellung, es geht einfach nicht mehr um Milliarden, sondern um Billionen. Dies ist der Nährboden/die Hoffnung, dass mit Geld die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie „zugekleistert“ werden können. Bis dato hat die Hoffnung gut getragen, die Wirtschaft fährt nach dem (weltweiten) Lock-down wieder an und die Stimmungsindikatoren deuten auf eine rasche Erholung hin:
Also: Alles wird wieder gut – und das recht zügig.
Wir haben da unsere Zweifel und stehen der wirtschaftlichen Erwartungshaltung der letzten Wochen eher skeptisch gegenüber. Zwar kann das viele Geld einiges verdecken, wirtschaftliche Schwäche einzelner Unternehmen oder Branchen, die in der Zukunft kein Geschäftsmodell mehr haben, können damit nicht „übertüncht“ werden. Rechnet sich für ein Lokal oder Kino eine (zwangsweise) Auslastung von max.50%? Können die Airlines oder Kreuzfahrtschiffe mit 40-50% weniger Passagieren profitabel arbeiten? Die Antworten geben die ersten Unternehmen in den letzten Tagen allzu deutlich: Nein, damit können wir –in der jetzigen Struktur– nicht leben. Es muss radikal gespart werden. Das bedeutet Mitarbeiterabbau, mit Folgen für Konsum, Steuereinnahmen, Sozialkassen und Stimmungslage der Betroffenen. Hier entsteht u. E. ein sozialer Sprengstoff, der im Moment noch nicht wirklich wahrgenommen wird.
Aber in den USA wird im November, in Deutschland im Hebst kommenden Jahres gewählt. Dann werden die Dinge verstärkt in den Fokus rücken und wahrscheinlich die Kapitalmärkte belasten.
Wir analysieren die weitere Entwicklung genau, bleiben unserer eher vorsichtigen Investitionsneigung treu und setzen eher auf Branchen, wie Technologie, die einer der wenigen „Gewinner“ der Krise sind. Zudem stehen Manager mit ausgewiesen Fähigkeiten in der Einzeltitelanalyse im Fokus, denn durch die Krise haben sich die bisherigen Analysemaßstäbe fundamental verschoben, und unternehmensspezifisches Research ist noch viel wichtiger geworden.
Rentenmärkte Internationale
Auch auf der Rentenseite fuhren die Kurse im laufenden Jahr „Achterbahn“ – Hauptrichtung für das vergangene Quartal war die Aufwärtsbewegung in den Kursen, sprich Abwärtsbewegung in den Renditen.
Dabei lag der größte Teil der Bewegung nicht -trotz der vielen Maßnahmen der Notenbanken- auf einem Sinken der Renditen von Staatsanleihen, sondern fast ausschließlich auf einem deutlichen Rückgang der (im ersten Quartal brutal ausgeweiteten) Spreads.
Das bedeutet, dass vor allem Unternehmensanleihen welcher Bonitätsqualität auch immer (Investmentgrade oder High Yield) und Emerging Market-Anleihen von den Programmen der Politik und der Notenbanken im zweiten Quartal am meisten profitiert haben. Es wurde und wird erwartet, dass mit Hilfe „des Staates / Notenbanken“ es zu keinen flächendeckenden Insolvenzen oder Pleiten bei systemrelevanten Unternehmen (z. B. Lufthansa) kommen wird. Nur in Ausnahmefällen, die vorher schon als „problembehaftet“ galten, wird die Hilfe versagt/darf sie versagt werden (z.B. Karstadt/Kaufhof, Tom Tailor oder Vapiano). Ob diese Einschätzung bei der Masse und Breite der wirtschaftlichen Folgeschäden der Pandemie richtig ist, bezweifeln wir allerdings.
Es wird u. E. mit den Unterstützungsmaßnahmen ein gewisses Maß an Zeit gekauft, Ursachen werden aber nicht bekämpft und wirkliche Abhilfe wirtschaftlicher Not wird nur selten geschaffen. Insofern legen wir weiter den Fokus bei Investitionen in den Rentenmärkten auf das Thema „Bonität“ und meiden eher die „Spread-Produkte“ in der Breite. Denn auch hier gilt wie bei den Aktieninvestments: Fundamentales Research ist entscheidend. Unter Umständen kann es zweckmäßig sein -mit dem Einsatz von fachkundigen Fondsmanagern- sich vermehrt international auszurichten, wobei wir auch immer das Währungsrisiko beachten müssen.
Auf interessante Gespräche in den nächsten Wochen freuen sich
Ihre Vermögensverwalter der TAM AG
Ultimo Juni 2020